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Donnerstag
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18.10.12 Donnerstag

Mehrfache Bemühungen, den Bus vor 7.45 h pünktlich zu besteigen, scheiterten diesmal an den Tücken des Lifts und dem Ansturm auf denselben.
Wie angekündigt, starkes Verkehrsaufkommen (Stau) vor Tel Aviv, dennoch pünktliche Ankunft am Diaspora-Museum (Museum for the jewish people).
Da vor dem Rundgang noch ein wenig Zeit blieb, wurde sie zum kurzen Einkauf im Museumsladen genutzt. Im Angebot waren u.a. Postkarten mit Abbildungen der zwölf Chagall-Fenster aus der Synagoge des Hadassah-Krankenhauses, ein Farbenrausch und
-genuss.
Das Diaspora-Museum zeigt die Geschichte der Juden in der Diaspora von 70 bis 1947. Als die Römer im Jahr 70 den Tempel in Jerusalem als heiligsten Ort der Juden zerstörten, geschah dies mit dem Ziel, die Juden zu zerstreuen. Dass dies über einen Zeitraum von annähernd 2000 Jahren nicht gelang, lag an der Bewahrung von sechs Bereichen:
1.     Beibehaltung des jüdischen Kalenders, der jüdischen Riten und Pflege und Wertschätzung der Familie. Es herrschte ein starker Zusammenhalt untereinander und alle Juden fühlten sich verantwortlich füreinander.
2.     Errichtung jüdischer Gemeinden mit Synagogen als Zentrum für die Ausübung ihres jüdischen Lebens. Die Gemeinden ersetzten die Heimat und waren bis zum 18. Jahrhundert nur orthodox.
3.     Beibehaltung des Glaubens an den einen einzigen Gott unter Völkern mit Vielgötterei (Römer, Griechen, Babylonier)
4.      Wertschätzung der Kultur, vor allem der Lese- und Schreibfertigkeit. Als wichtiges Prinzip des Jüdischen Lebens galten Lernen und Schreiben.
5.     Stetes Erinnern an die Bedeutung der Diaspora für die jüdischen Gemeinden mit der Hoffnung auf Rückkehr.
6.     Anhaltende Sehnsucht, wieder nach Hause zu kommen: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“, Alya bedeutet wortwörtlich „aufsteigen nach Jerusalem.
Yad Vashem in Jerusalem, eine Gedenkstätte für die unfassbar grausame unmenschliche und gnadenlose Ermordung von 6 Millionen Juden, darunter 1,5 Millionen Kinder, - Diaspora-Museum in Tel Aviv: beide Museen gehören zusammen, um das Bild von der Geschichte der Juden zu vervollständigen, um zu verstehen warum der Staat Israel und Jerusalem mit seinen Tempelresten eine solch immense Bedeutung für die Israelis hat.
Stadtrundfahrt durch Tel Aviv, die weiße Stadt
Michael zeigte uns die Stelle, an der Rabin ermordet wurde, immer noch mit einer Gedenktafel und von Fahnen geschmückt. Anschließend gab es eine Fahrt entlang  vieler Häuser im Bauhausstil, die meisten sanierungsbedürftig. Danach hatten wir Gelegenheit, uns die Altstadt von Jaffa anzuschauen. Traumhafte Hafenpromenade, kleine Gassen, Kunstgeschäfte, Jonas Walfisch und geschätzt ca. 10 (gefühlt 20) Brautpaare auf Fotoshooting-Tour.
Zum Abschluss Rückkehr nach Nachsholim, wo uns das köstliche Abendbuffet erwartete (s. Bericht 1 J ).

Franziska

Gespräch mit Micki Drill
(Ergänzung von Birgitt nach der Reise)
In Wien geboren und in der jüdischen Gemeinschaft aufgewachsen  - Kontakte mit nichtjüdischen Menschen waren nur oberflächlich -  sah Micky Drill von Kindheit an sein Lebensziel darin begründet, den Staat Israel mit aufzubauen. So schloss er sich in den achtziger Jahren einer Jugendbewegung an, zog mit ihr nach Israel und arbeitete über zehn Jahre in einem Kibbuz, bis er 1994 auf Drängen seiner Frau dem Leben dort den Rücken kehrte, die sich durch die nur auf das Wohl und die Interes-sen der Gemeinschaft ausgerichteten Strukturen der Bevormundung im Kibbuz in ihrer persönlichen Entscheidungsfreiheit eingeengt fühlte.   Micky Drill sieht die wesentliche Ursache für die für ein friedliches Zusammenleben von Juden und Palästinensern gegenwärtig aussichtslose Lage in Israel in dem ausgeprägten Nationalgefühl auf beiden Seiten. Araber bzw. Palästinenser wie Juden sähen in den Vertretern des anderen Volkes immer nur die feindlichen Eindringlinge, die ihnen die Existenz streitig machen wollten. So habe das Land Israel schon immer den Juden gehört und Israel sei immer schon der „Nationalstaat des jüdischen Volkes gewesen; alle Juden weltweit seien israelische Staatsbürger und hätten folglich das Recht, das auf dem seit 1949 gültigen „Law of Return“ basiert, in Israel einzuwandern. So erkläre sich auch die Aufteilung des Landes in israelische und palästinensische Autonomiegebiete, die durch Kontrollpunkte, Grenzzäune und  –mauern streng voneinander getrennt sind. Die augenblickliche demographische Situation in Israel, 60% Juden leben neben 40% Palästinensern, habe zur Folge, dass beide Seiten nicht an einer Änderung des status quo interessiert seien. Anstatt also durch Verhandlungen und Verträge eine friedliche Lösung für den permanent schwelenden Konflikt zwischen beiden Nationen zu finden, scheinen sich beide Seiten auf ihre Reproduktionsfähigkeit zu verlassen und durch die Stärke der eigenen Population den Gegner allmählich vertreiben zu wollen. So werden, nach unserem Empfinden, Kinder als Waffe, um den Gegner zu vertreiben, geboren; eine für uns unsägliche Vorstellung, Kinder in dieser Weise zu missbrauchen!                                                                                                  Micky Drill betonte allerdings, dass für ihn nur eine Zweistaatenlösung in Frage komme, und zwar im Rahmen der Grenzen von 1967. Juden und Palästinenser müssten also Land tauschen und niemand werde vertrieben. Im übrigen habe es seit 1980 keine neuen jüdischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet mehr gegeben; das aggressive Verhalten mancher Siedler, wie es uns D. Nasser vom Tent of Nations als selbst betroffener Palästinenser deutlich vor Augen führte, scheint hier ignoriert zu werden. - Die Hauptstadt Jerusalem erfordere nur eine politische, keine physische Teilung, d.h. beide Volksgemeinschaften hätten ihre eigene Staatsbürger-schaft, ihre eigene Regierung und Stadtverwaltung. Die Friedrich – Ebert – Stiftung helfe mit, ein Zweistaatenmodell zu entwickeln, das für beide Seiten akzeptabel ist.

Birgitt